Zuerst die positive Nachricht: in der Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in Mühltal gab es bislang keine Corona-Erkrankung. Darüber sind wir alle sehr froh und sehen den Lockerungen positiv entgegen.
Das Netzwerk Asyl und die AWO in Mühltal möchten etwas Abwechslung in das tägliche Einerlei der Flüchtlingskinder bringen. Deshalb haben wir gemeinsam mit der AWO den Kindern ein kleines Haus mit Sommerküche gespendet und in einer gelungen Teamarbeit gemeinsam aufgebaut.
Die Kinder waren in den zurückliegenden Monaten doch sehr isoliert, kein Kita-Besuch, wir Ehrenamtliche konnten auf Grund einer Landesverordnung nicht in die Unterkunft. Auch, wenn wir sehr froh sind, dass Flüchtlingskinder die Kita besuchen können und wir die Arbeit der Erzieher*innen wert zu schätzen wissen, haben wir auch kritische Anmerkungen. Leider wurden in den letzten drei Monaten in den gemeindlichen Kindergärten die Flüchtlingskinder nicht adäquat unterstützt. Dies fing bereits mit den Aufgabenstellungen an, die die Kita-Mitarbeiter*innen während der Corona-Pause an die Kinder versandten. Die Eltern verstanden den Text nicht, und Zubehör wie Lebensmittelfarbe und Spülmaschinentabs stehen ihnen nicht zur Verfügung. Es wurde auch nicht mal nachgefragt, ob das Experiment gelungen sei oder ob ein Hilfebedarf besteht.
Viel Hoffnung wurde auf die Verfügung der zweiten Stufe des Regelbetriebes gesetzt. Insbesondere auch deshalb, weil aus Berlin die Meldung kam, Vorrang sollten Kinder mit Integrationsbedarf, geringer Sprachkompetenz und mit beengten Wohnverhältnissen haben. Alle drei Komponenten treffen auf die Flüchtlingskinder zu: Die Wurzeln der Kinder liegen in einem anderen Kulturbereich, die Kinder können kein Deutsch und die Eltern überwiegend nur mangelhaft und ein Leben mit vier Personen auf 20 qm wird sicherlich die Kriterien für „beengte Wohnverhältnisse“ erfüllen. Leider gab es keine klaren Vorgaben an die Landkreise und Kommunen, sodass diese ihre eigenen Regelungen treffen konnten. Das wurde im Landkreis ganz unterschiedlich gehandhabt. Die Idealentscheidung wäre die Einführung eines Schichtbetriebes (Aufteilung in Vor- und Nachmittagsbetreuung). So wären alle Kinder versorgt, selbst wenn sich der zeitliche Umfang dadurch für jedes Kind reduziert.
Mühltal entschied sich für die Verteilung eines Fragebogens, der ohne Briefkopf und Signatur an die Eltern versandt wurde. Auf Grund dieser Erhebung konnten dann 60% der Kinder in gemeindlichen Kitas ihren Betreuungsanspruch wieder wahrnehmen. Die restlichen 40% gingen leer aus. Auch die Flüchtlingskinder wurden nicht berücksichtigt. Nun hat sich der Fachbereich Zuwanderung und Flüchtlinge des Landkreises Darmstadt-Dieburg dieser Problematik angenommen und versucht über das Jugendamt eine einheitliche Lösung zu erreichen.
Vielleicht tritt nach den neuesten Verordnungen bald eine positive Veränderung für alle Kinder ein. Aber das können wir erst dann glauben, wenn die Verordnung tatsächlich und praktisch umgesetzt wird.
Die Sprachdefizite, die die Kinder bei Erreichen des Schulbesuches vorweisen, wirken sich langfristig negativ aus. Die Kinder können dem Unterricht nicht folgen, dem erhöhten Unterstützungsbedarf kann nicht Rechnung getragen werden. Mit der großen Flüchtlingswelle vor fünf Jahren kamen auch schulpflichtige Kinder zu uns. Diese hatten das große Glück, dass pensionierte Lehrerinnen aus Mühltal sich dieser Kinder annahmen und auch zum Teil den Unterricht in der Schule begleiteten und die Lehrkräfte damit entlasteten. Dieses Glück werden die Flüchtlingskinder, die in ein paar Jahren in die Schule kommen, nicht haben – deshalb die eindringliche Bitte: Ermöglicht allen Flüchtlingskindern den Kita-Besuch.
Sprache ist das A und O der Integration. Deshalb ist es extrem wichtig, dass Frauen mit Kindern die Möglichkeit haben, Deutsch zu lernen. Bereits seit mehreren Jahren bietet die VHS einen Deutschkurs im Tagungshotel an und die unter drei jährigen Kinder werden in dieser Zeit von einer Tagesmutter in einem separaten Raum im Hotel betreut. Im März mussten Corona bedingt der Deutschkurs sowie die Kinderbetreuung eingestellt werden. Nun können wir nach den Sommerferien wieder starten. Auf Grund der vorliegenden Hygienemaßnahmen wird die Kinderbetreuung in den Räumlichkeiten einer Mühltaler Tagesmutter stattfinden.
Wir sind sehr froh, auf dieses Angebot zurückgreifen zu können.
Ruth Breyer
Netzwerk Asyl Mühltal e.V.